DIE DONAUUFER UND DIE UMNUTZUNG IM GEBIET DES WINTERHAFENS IN LINZ

Otmar Brunner

1 Die Donauuferlinie in Linz

Linz ist seit dem Jahre 1490 die Landeshauptstadt von Oberösterreich und hatte immer den Beinamen a.D. (an der Donau). Aus dieser Bezeichnung ist die Verbindung der Stadt mit der Donau zu ersehen. Dieser Strom war einst Lebensader, gegenwärtig erhält er zunehmend mehr Bedeutung durch den Rhein-Main-Donau-Kanal. Die Stadt Linz ist mit etwa 200 000 Einwohnern auch die größte Stadt im oberösterreichischen Zentralraum neben Wels und Steyr. Durch die verschiedenen Häfen sind auch die Industriegebiete ideal angeschlossen. Die Ufer waren immer, sowohl für das Orts- und Land-schaftsbild als auch für den Naturhaushalt der Großstadt, von größtem Wert. Daher soll auch auf diesen Zusammenhang und die Schönheit und Bedeutung dieser Flusslandschaft und der die Donau begleitenden Stadtteile eingegangen werden.

Der Stadtteil des "Winterhafens" hat eine große Bedeutung für die Zukunft, da sich durch die neue Nutzung einer Industriebrache ein wesentliches Veränderungspotential für die Stadtlandschaft ergibt und die Stadt in diesem Bereich wieder an die Donau herangeführt werden kann.

2 Historisches

Die Stadt Linz hat sich im letzten Jahrhundert im Wesentlichen durch Eingemeindungen vergrößert. Ursprünglich war das alte Linz aus dem 11. und 13. Jahrhundert im oberen Donaubereich am südli-chen Ufer gelegen. Die Ansiedlung am Fuße des "Schlossberges" im Schutzbereich des Linzer Schlosses war als Handelsstadt mit einem Hafen angelegt und somit gänzlich zur Donau orientiert. Die Linzer Landstraße war der zentrale Zubringer und führte nach Wien und Salzburg, aber auch durch das Kremstal über den Pyhrnpass in den Süden. Die Überquerung der Donau nach Norden wurde zunächst mittels "Überfuhr", das heißt mittels Schiff, bewerkstelligt. Der Name der Ortschaft Urfahr stammt noch aus dieser Zeit.

Dieser im Norden als Gegenüber von Linz angelegte Ort war die Siedlung von Fischern und Schiff-meistern. Zum Unterschied von den Linzer Adeligen, Kaufleuten und Handwerkern waren die Urfahrer ärmer, die Ansiedlung war dementsprechend kleiner. In den Häusern von Alt-Urfahr findet

man im Fischerdorf noch derartige Bauwerke. Die Donaubrücke wurde unter Kaiser Maximilian I. im Jahre 1497 als Holzbrücke errichtet. Weitere Brücken dieser Art gab es bereits in Wien (1439) und in Krems (1463).

Abb. 1: Blick auf die Altstadt von Linz mit Schloss und Alt-Urfahr, die Donau mit Nibelungenbrücke, Eisenbahnbrü-cke und Autobahnbrücke.

Luftaufnahme: Heimo Pertlwieser

3 Verschiedene Landschaften des Donauufers

3.1 St. Margarethen

Das Tal verengt sich im Bereich von Margarethen, wenn der Strom die Stadtgrenze von Linz überschreitet. Bei Ottensheim tritt der Südabfall des böhmischen Massivs direkt an die Donau heran. Im granitenen Kürnberg erreicht die Urgebirgsscholle ihren letzten markanten Eckpfeiler südlich des Donaustromes.

Während die Mühlviertler Berge nördlich der Donau zwischen Ottensheim und Puchenau noch relativ sanft gegen das Ufer abfallen und erst in den Urfahrer Wänden Steilabfälle die Landschaft prägen, sind die Südabhänge des Kürnbergs schon kurz nach Wilhering relativ steil und treten erst bei St. Margarethen etwas nach Süden zurück, um letztlich mit zwei markanten Pfeilern an beiden Seiten des Margarethengrabens an die Donau heranzutreten.

Ganz im Gegenteil zu den sonst gewohnten Stadtausfahrten, die meist von einem Konglomerat aus Betriebsniederlassungen, Sportanlagen, Autofriedhöfen und Siedlungsresten gekennzeichnet sind, findet sich hier eine fast lieblich anmutende, dörfliche Uferzeile, die im oberen Teil von einer sanften Hügelmulde umschlossen ist, sodann an die zwei Vorberge des Freinberges mit der Rosenburg und dem Kalvarienberg heranführt, sodann mit schon etwas veränderter Bebauung entlang der Freinbergerwände weiterverläuft.

Die lange Häuserzeile entlang der Margarethenerstraße ist größtenteils in offener Bebauung, zum Teil in gekuppelter Bauweise errichtet. Alle Objekte stehen durchwegs mindestens drei Meter über der Straße, dies wohl aufgrund jahrhundertelanger Erfahrung mit Hochwasserkatastrophen, jedoch auch als Folge der vorgegebenen Geländeform (vgl. Taferner 1985).

3.2 Alt-Urfahr West

Alt-Urfahr zählt zu den ältesten Stadtteilen von Linz. Das ursprüngliche Fischerdorf am linken Donau-ufer hatte sein Zentrum westlich der heutigen Nibelungenbrücke etwa in der Verlängerung der Achse Altstadt - Hofberg nach Norden. Es stellte das Gegenüber der Linzer Kaufmannssiedlung aus dem elften Jahrhundert dar. Der alte Ortsteil am Ufer westlich der Linzer Donaubrücke wird "Alt-Urfahr West" genannt. Entgegen früherer Planungen wurde es vermieden, eine Hauptverkehrsstraße unmittelbar an das Donauufer zu legen. Pläne für umfassende Hochwasserschutzbauten entlang der Donau, ausgelöst durch den Schock des Katastrophenhochwassers 1954, sowie eine Westumfahrung mit Donaubrücke quer über den Westteil von Alt-Urfahr und ein so genannter "Mittelgassendurchbruch" lähmten über viele Jahre die Entwicklung dieses alten Stadtteils. Aus Ungewissheit und Angst vor der Zukunft verloren die Bewohner mehr und mehr ihr Interesse an ihren Häusern und wanderten in andere Stadtgebiete ab. Die ursprünglich sehr gute Infrastruktur mit kleinen Gewerbebetrieben, Geschäften und Gaststätten ging verloren.

Entscheidend für die weitere Entwicklung war letztlich das Ergebnis einer vom Institut für Soziologie der Universität Linz im Jahre 1980 durchgeführten Bevölkerungsbefragung, bei der 79% der Befragten erklärten, dass sie trotz der Hochwassergefahr im alten Stadtteil wohnen wollten, nur 7% entschieden sich für einen Wechsel des Wohnstandortes.

In den folgenden Jahren wurden die neuen städtebaulichen Planungsziele der Bevölkerung in Infor-mationsveranstaltungen vorgestellt und in einem erhaltungsorientierten Bebauungsplan umgesetzt, der im Jahre 1989 rechtskräftig wurde. Diese Vorgaben und eine gezielte Förderung der Stadt Linz haben bewirkt, dass heute sowohl die alte Bebauungsstruktur als auch die Donau in ihrer ursprünglichen Form erlebt werden können. Das Risiko fallweiser Überschwemmungen wird durch die erhaltene Lebensqualität wettgemacht. Der neue Bebauungsplan hat einen Nachkriegsplan außer Kraft gesetzt, welcher die totale Schleifung dieses Stadtviertels vorsah. Alt-Urfahr West wird heute von den Linzern als beliebter Wohnstandort mit guter Infrastruktur hoch geschätzt. In den letzten Jahren wurden auch Neubauten errichtet, die sich in das kleinteilige Ortsgefüge gut einpassen.

3.3 Der Brückenkopf und das Jahrmarktgelände

Durch die Errichtung des Neuen Rathauses in Urfahr wurde ein gewaltiges städtebauliches Zeichen gesetzt. Dieser sehr markante Baukörper entstand aufgrund eines Architekturwettbewerbes aus dem Jahre 1977 durch den Architekten Rupert Falkner in Zusammenarbeit mit Anton Fürtler. Das ebenfalls in diesem Wettbewerb vorkommende Gegenüber östlich der Brücke wurde nicht verwirklicht. Ein neuerliches Umdenken führte zu einem zweistufigen Wettbewerb im Jahre 1987. Vorgabe war die Erhaltung des Café Landgraf und des Häuserensembles an der Kirchengasse; eine Funktionsmischung von Wohnraum, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Einrichtungen; die Integration von Neubauten in die bestehende Baustruktur und die Gestaltung des Kirchenplatzes als Ortszentrum sowie des Donauufers als Erholungsgebiet. Das Ergebnis war das Projekt der Architekten Klaus Leitner und Walter Michl, die dazu Folgendes schreiben: "Brücke, Rathaus, Landgrafgebäude, Urfahrer Stadtpfarrkirche, Jahrmarktgelände, Reste des Dorfkernes von Urfahr, Donau, Erholungsflächen, Verkehr, Monumentales und Kleinteiliges, Wohnen, Arbeiten und Kunst, Einwirkungen von Krieg und Spekulation, Arm und Reich, Geschichte und Zukunft - all dies mit den Mitteln der Architektur und Stadtplanung in Einklang zu bringen - ein schier unlösbares Problem für einen niedergegangenen Stadtteil" (Brunner 1990)?

Heute ist diese neue Architektur bereits ein Merkzeichen von Urfahr und Linz. Ein lang gestreckter Baukörper an der Hauptstraße, welcher die Verlängerung der Donaubrücke nach Norden bildet, steht in direktem Bezug zum Rathaus. Das so genannte Ars-Electronica-Center hat sich zum Markenzeichen entwickelt. Östlich befinden sich ein kleiner Rest der Häuser des ehemaligen Fischerdorfes und die Urfahrer Stadtpfarrkirche mit anschließendem Friedhof.

Das Jahrmarktgelände bildet die lang gestreckte, leicht konkav geschwungene Uferzone, die dem Hochwasserdamm vorgelagert ist und dadurch in besonderem Maße den Donaustrom bewusst erleben lässt. Ein Weg am Ufer ermöglicht das Radfahren und Flanieren an der Donau und einen schönen Blick auf das Wasser und die Stadtansicht von Linz.

Das breite, dahinter liegende Marktgelände ist multifunktional nutzbar und wird derzeit außerhalb der Jahrmarktzeiten als kostenloser Parkplatz verwendet. Der ca. 80 m breite, dem Hochwasserdamm vorgelagerte Überschwemmungsbereich ist auch immer wieder ein Hoffnungsgebiet für Planer und Bauträger. Bei der Standortsuche für das geplante Musiktheater spielte Urfahr eine bedeutende Rolle. Da das "Theater im Berg" aufgrund des negativen Ergebnisses der Bevölkerungsbefragung im Herbst 2000 nicht mehr an diesem Standort errichtet werden kann, könnte Urfahr wieder zur Diskussion stehen.

3.4 Linz mit dem Donauufer

Das südliche Donauufer, die so genannte "Linzer Seite", gliedert sich in den steil zur Donau abfallenden Römerberg mit dem Schloss und die am Fuße des Schlossberges angesiedelte Altstadt. Nördlich davor befinden sich die "Untere Donaulände", eine stark verkehrsbelastete Straße über einer Stützmauer, und darunter der Treppelweg an der unmittelbar anschließenden schmalen Uferzone. Die "Nibelungenbrücke" steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Architektur der beiden neoklassizistischen Brückenkopfgebäude aus den 40er-Jahren. Die Planungen dieser Jahre sind im Flächenwidmungsplan aus dem Jahre 1942 zu sehen: Entlang der Uferzone war eine konzentrierte großstädtische Lösung ohne Grünzone vorgesehen. Diese Entwicklung wurde nach dem Krieg nicht weiterverfolgt. Im Flächenwidmungsplan aus dem Jahre 1955 ist bereits ein breiter Grünzug entlang des Do-nauufers vorgesehen. Die Donaubrücke aus dem Jahre 1941 mit Straßenbahntrasse, sechs Fahrspu-ren und breiten Gehsteigen hat die schmale Stahlbrücke aus dem Jahre 1872 ersetzt und prägt mit den Brückenkopfbauten noch heute die Stadtansicht. Östlich der Brücke erweitert sich die Uferzone und bietet dadurch einen Erholungs- und Kulturbereich. Die Untere Donaulände trennt die Stadt von dieser Uferzone. Eine Fußgeherbrücke verbindet die Stadt mit der Donau und ermöglicht eine gefahrlose Verbindung vom Linzer Hauptplatz zur Uferzone.

3.5 Der Donaupark

Im Zuge der Errichtung des Hochwasserdammes wurde eine breite Erholungsfläche geschaffen. Sie besteht aus einer die Donaulände begleitenden Promenade, einer Parkzone und einem Damm mit Spazierweg sowie einer vorgelagerten, breiten Grünzone im Überschwemmungsbereich. Der Donaupark hat sich zu einem beliebten Erholungsgebiet für die Linzer entwickelt. Er reicht von der Nibelun-genbrücke bis zur Eisenbahnbrücke, die aus dem Jahre 1900 stammt und die Mühlkreisbahn mit der Westbahn verbindet und sich ca. 1,2 km östlich der Nibelungenbrücke befindet.

In diesem Donaupark befindet sich das nach den Plänen des finnischen Architekten Heikki Siren im Jahre 1974 errichtete Brucknerhaus, ein Konzerthaus, das sich kreisförmig zur Donau hin öffnet.

Daneben stehen ein aus derselben Zeit stammender Hotelbau und das als erstes Hallenbad Oberös-terreichs im Jahre 1930 errichtete "Parkbad". Die anschließende Eissporthalle wurde nach 1985 er-richtet.

Der Donaupark ist überregional durch die jährlich stattfindende "Linzer Klangwolke" bekannt geworden, bei der Konzertaufführungen im Brucknerhaus über starke Lautsprecher in den Donauraum übertragen werden. Darüber hinaus werden Lichtaufführungen veranstaltet, die Tausende von Besuchern begeistern. Eine Dauerausstellung mit Metallplastiken bereichert den Park noch zusätzlich.

Als Weiterentwicklung der Idee zur Schaffung einer "Kulturmeile" wird zwischen der Nibelungenbrücke und dem Brucknerhaus ein Donaumuseum errichtet. Die Verlängerung zum "Theater im Berg" ist nicht gelungen, da dieses Projekt von der Bevölkerung überwiegend abgelehnt worden ist.

Abb. 2: Blick auf Donau, Donaupark, Brucknerhaus und Parkbad im Vorder-grund sowie auf den Winterhafen im Hintergrund, ein Becken des Stadtha-fens rechts.

Luftaufnahme: Heimo Pertlwieser

4 DER WINTERHAFEN: EIN ENTWICKLUNGSPOTENTIAL
4.1 Die Hafenbereiche

Während die vorher beschriebenen Donauufer im städtischen Bereich für die Linzer Bevölkerung immer eine Bedeutung gehabt haben und als Erholungsgebiete benutzt worden sind, sind die Hafengebiete weniger bekannt. Der Donaupark endet unmittelbar vor der Autobahnbrücke im Osten der Stadt. Flußabwärts dieser Brücke befindet sich der Winterhafen. Mit dem Winterhafen beginnt das Industrie- und Gewerbegebiet von Linz. Die Donau bildet dort ein Knie und wendet sich nach Süden. Im Anschluss an diese Biegung reiht sich der Stadthafen an.

Im städtischen Entwicklungskonzept ist vorgesehen, dass sich die Stadt in diese Bereiche weiterentwickeln soll, das heißt für die Nutzung sowohl als Erholungsgebiet als auch als Wohngebiet und für die geschäftliche Nutzung. Es besteht somit eine gewaltige Herausforderung für Planer und Projekt-entwickler. Gleichzeitig soll auch der Naturraum pfleglich erhalten und gestaltet werden.

Zwischen 1897 und 1900 wurde der noch heute bestehende Winterhafen aus dem unteren Teil eines alten Fabriksarmes errichtet. Er war neben seiner ursprünglichen Bestimmung ein beliebtes Freizeit- und Erholungsgebiet.

Der vor einigen Jahren verwirklichte Traum vom Rhein-Main-Donau-Kanal hätte bereits 1945 fertig gestellt sein sollen. Nachdem konkrete Pläne in den 20er-Jahren gescheitert waren, erfolgte im Jahre 1939 der Beginn der Aushubarbeiten für mindestens fünf Handelsbecken. Die Arbeiten mussten je-doch kriegsbedingt eingestellt werden. Nach dem Krieg wurde die "Hafenfrage" zu einem zentralen Thema der Stadtpolitik. Die Arbeiten wurden in den ersten Nachkriegsjahren fertig gestellt und erbrachten im Jahre 1950 bereits mehr als 3 Millionen Tonnen Fracht im Jahr. Der "Stadthafen" besteht heute aus drei Hafenbecken und ist nicht ausgelastet. Weitere Hafenbecken gehören zur Chemie Linz (der Tankhafen mit zwei Hafenbecken) und zur VOEST (ein 1,2 km langes, werkseigenes Hafenbecken).

4.2 Unbekannte Donaubereiche in Linz

Während der alte Hafen unmittelbar an der Donaulände im zentralen Blick der Stadt Linz stand, befin-det sich der neue Stadthafen weit weg vom Zentrum. Der Direktor des Stadthafens bedauerte in ei-nem Gespräch mit mir, dass der Hafen im Bewusstsein der Bürger in Vergessenheit geraten sei, ja sogar die Politiker würden zuweilen den Linzer Hafen vergessen. Je weiter man sich von der Eisen-bahnbrücke stromabwärts bewegt, desto weniger ist dieser Donaubereich der Linzer Bevölkerung und dem Besucher der Stadt bekannt.

Von den ca. 25 km Gesamtlänge der Donau im Linzer Stadtgebiet sind etwa 3 bis 5 km im Stadtbild präsent, der Rest ist weniger bis nicht bekannt. Die Stadt hat sich durch Dammbauten und Industrie-gebiete von der Donau abgewendet, die Ufer sind nicht zugänglich. Die Radwege enden in einer Sackgasse. Der Stadthafen ist zu wenig präsent. Zukünftige Stadtentwicklung muss daher die Donau weit mehr in ihre Planungen einbeziehen.

4.3 Die Herausforderung

Im Jahre 1994 wurde auf Anregung und unter der Leitung des Linzer Baudirektors F.X. Goldner eine internationale Sommerakademie veranstaltet. Eines der drei Themen war " Donauraum - Europahafen Linz", das sich vor allem der Nutzung und Neustrukturierung der Räume entlang der Donau - vom Winterhafen bis zu den Aulandschaften an der Traunmündung - widmen sollte. Diese Räume sind durch ein großes Veränderungspotential oder eine erhebliche Entwicklungsdynamik gekennzeichnet und sind bestimmend für die künftige Entwicklung von Linz. Städtebauliche Leitbilder waren als Fall-studien für diese Gebiete zu erarbeiten. Sie sollten keine starren Leitpläne sein, sondern Strukturkonzepte, die es der Stadt ermöglichen, auf konkrete Entwicklungen flexibel zu reagieren sowie Nutzungen und Bebauungen festzulegen. Da konventionelle Planungs- und Verwaltungsinstrumentarien im-mer häufiger an ihre Grenzen stoßen, waren innovative Lösungen erwünscht.

Das genannte Thema wurde von Studenten und Professoren folgender drei Schulen behandelt:

a) Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne (Schweiz)

b) Technische Universität Karlsruhe (Bundesrepublik Deutschland)

Architekt Prof. Paul Chemetov (Schweiz) und Architekt Prof. Gilles Margot-Duclot (Paris)

Von dieser Gruppe wurde eine umfassende Erschließung der Grünräume von der Donaubrücke bis zum Tankhafen am rechten Donauufer und bis zur VOEST-Brücke am linken Donauufer vorgeschlagen. Um eine optimale Erschließung zu gewährleisten wurde zwischen Stadthafen und Tankhafen die Errichtung einer neuen Straße mit einem etwa 300 m breiten Grünzug und einer neuen Donaubrücke vorgeschlagen.
Abb. 3: Blick auf das Donauknie im Vordergrund, im Hintergrund der Tank-hafen, dahinter die VOEST.

Luftaufnahme: Heimo Pertlwieser

c) Hochschule für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz (Österreich)

Prof. Mag. Arch. Ing. Friedrich Goffitzer (Linz)

Diese Studentengruppe hat sechs Projekte über die Nutzung des von der Donau begrenzten Gebietes, das ist vom Winterhafen bis einschließlich Stadthafen, ausgearbeitet. Während die Gruppe aus Lausanne sich mit großflächigen städtebaulichen Lösungen beschäftigt hat, wur-de von den Gruppen aus Linz eine kleinere Fläche bearbeitet bis hin zur Gestaltung der Bau-körper und in der Annahme, dass auch bestehende Nutzungen verändert werden können, gemischte Nutzung mit Wohnen an der Donau, Gewerbe und Freizeiteinrichtungen vorge-schlagen.

d) Technische Universität Karlsruhe (Bundesrepublik Deutschland)

Architekt Prof. Jo Coenen (Maastricht/NL)

Die Studenten der TU Karlsruhe beschäftigten sich großflächig mit der Schwerindustrie und deren Einbindung in das Stadt- und Umlandgefüge. Es wurde vor allem auf die Erholungs- und Grünbereiche Wert gelegt und neue Strukturen konnten geschaffen werden. Ein Ergebnis ist ein zentraler VOEST-Bahnhof.

Dr. Franz Dobusch, Bürgermeister der Stadt Linz, schreibt in der abschließenden Publikation "Die Herausforderung" aus dem Jahre 1995 : "(...) Welche ökonomische Kraft unsere Stadt besitzt, beweist die Tatsache, dass Linz heute um 21.000 Arbeitsplätze mehr hat als vor der VOEST-Krise Mitte der achtziger Jahre. 1986, als nach der Entlassung des Gesamtvorstan-des der VOEST-Alpine die Zukunft dieses Großunternehmens zu Besorgnis Anlass geben musste, hätte diese Entwicklung niemand erwartet. Bei knapp über 200.000 Einwohnern hat damit Linz heute 180.000 Beschäftigte (...) 1995 – in einem Jahr, in dem wir fünfzig Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges in vielen Veranstaltungen auf den Wiederaufbau und die positive Wirtschaftsentwicklung unserer Stadt zurückblicken, werden die Visionen neuer städ-tebaulicher Überlegungen für die kommenden 50 Jahren besonderes Interesse wecken" (Goldner 1995).

4.4 Planung und Realisierung

In Anbetracht solcher Vorarbeiten, die auch mit Betroffenen diskutiert wurden, wurde in die Entwick-lungsplanung die Idee der Freihaltung der Donauufer für Begrünung und Freizeitnutzung im Bereich der Industriezone eingearbeitet.

Im Kulturentwicklungsplan der Stadt Linz steht: "Der Donau wurden und werden neben ihren funktionellen Aufgaben (Handel, Verkehr, Fischfang, Freizeit ...) immer symbolische Werte zuge-schrieben. Im Zeitalter der Europäischen Einigung gilt sie als Strom, der viele Länder und Kulturen miteinander verbindet und dabei nicht an den gegenwärtigen Grenzen der Europäischen Union Halt macht. Sie ist auch ein Symbol für die brückenbildende und gleichzeitig differenzierende Funktion von Kultur. Ohne dass sich die Stadt Linz hinsichtlich ihrer europäischen Bedeutung überschätzt, schlagen diese symbolischen Werte doch eine inhaltliche Brücke zu den Grundwerten ihrer Kulturpolitik und sollten deshalb als geistiger Hintergrund auch präsent sein.

Abb. 4: Blick auf die VOEST mit Hafen, dahinter die Chemie Linz mit Tankha-fen; im Hintergrund die Donau und das östliche Ufer.
Der Raum zwischen der Nibelungen- und Eisenbahnbrücke fordert in jedem Fall dazu heraus, von Kunst und Kultur in vielfältiger Weise zu Wasser und Land angeeignet und insbesondere für

Kunstobjekte im offenen Raum genutzt zu werden" (Magistrat Linz 2000).

Diese idealistische Vorgabe soll nun in den nächsten Jahren verwirklicht werden. Die Kulturbauten am Donauufer sind bzw. werden (mit Ausnahme des Musiktheaters) realisiert.

4.5 Winterhafen und Tech Center

Die Planungswirklichkeit stellt sich immer etwas anders dar als eine idealisierte Planung. Im Bereich des Winterhafens wird als erster Schritt ein "Technik-Center" realisiert. Als Folge der Grundsatzideen aus der Sommerakademie ´94 wurden im Auftrag der Bank Austria Leasing GmbH auf den Grundla-gen des Maastrichter Architekten Prof. Jo Coenen neue Nutzungsmöglichkeiten für das einstige Shell-Tanklager entwickelt. Coenen hatte sich im Rahmen der Sommerakademie mit dem Thema "Reorga-nisation des Geländes der Schwerindustrie" beschäftigt. Als sichtbares Zeichen für einen Neubeginn wurde im Jahre 1988 unter dem Projektmanagement der Bank Austria nach den Plänen des Linzer Architekten DI Gerd Gessner ein Teil der alten Baulichkeiten revitalisiert. Die Bank Austria beschäftigt sich auch weiterhin mit dem Development des übrigen Schiffswerftareals.
Abb. 5: TECH CENTER Visualisierung.

Bild: Magistrat Linz, Planungsamt

Das neue TECH CENTER besteht aus einem zweigeschossigen, vorgelagerten Baukörper entlang der Hafenstraße, der sich am Altbau orientiert und in die Bauhöhen der Umgebung einfügt. Dahinter sind zwei markante siebengeschossige Baukörper situiert. Während der vorgelagerte zweigeschossige Trakt für Gastronomie- und Nahversorgungsunternehmen vorgesehen ist, beherbergen die höheren Bautrakte Büroflächen. An die industrielle Vorgeschichte des Gebietes erinnert weiterhin ein sanierter Schlot. Eine begrünte Mittelzone trennt die Bauten und bietet einen Durchblick in Richtung Hafenbe-cken. Dem Architekten ist es durch die Schaffung mehrerer Durchblicke und offener Zonen gelungen, die Gesamtanlage transparent zu gestalten.

Die Weiterführung der Idee "Winterhafen" wird durch ein städtebauliches Gesamtkonzept ermöglicht, welches bereits im Flächenwidmungsplan seinen rechtlichen Niederschlag gefunden hat. Die Hafen-zone ist für Freizeiteinrichtungen vorgesehen. Es ist bereits ein Bootshafen angelegt. Auf dem weite-ren Gebiet zwischen Hafen und TECH CENTER sollte eine möglichst gemischte Nutzung erfolgen; dabei wird auch an Wohnbauten gedacht.

Der Grundgedanke die Stadt in den Hafenbereich fortzuführen hat damit bereits realistische Züge erfahren. Mit dem schon errichteten Hotelbau, einer "Mutation" des solitären Möbelgeschäftes Fellinger durch den Linzer Architekten Prof. DI Laurids Ortner, wurde bereits der erste Schritt getan; nun beginnen die Bauwerke bereits zu einem multifunktionalen Ensemble zusammenzuwachsen.

Der Winterhafen und mit ihm der gesamte Stadtteil erhält somit eine Schlüsselfunktion für die städte-bauliche Entwicklung der Stadt. Das Wohnen an der Donau könnte in diesem schönen Naturraum eine neue Dimension erhalten. Wohnen, Handel und Gewerbe und auch Erholung wären in idealer Weise vereinbar und könnten zu einem echten "HOT SPOT" für die Stadt "Linz an der Donau" wer-den. In diesem Sinne wünsche ich für die Stadt weitere konkrete Schritte zur Verwirklichung dieser Gesamtvision.

Abb. 6: Blick auf das TECH CENTER im Winterhafen.

Fotomontage in Flugaufnahme: Magistrat Linz, Planungsamt


LITERATUR:

Brunner, Otmar (1990) Linzer Stadterneuerung, 2. Bericht 1987 – 1989. Magistrat Linz Pla-nungsamt, Linz.

Goldner, F.X. (1995) Die Herausforderung: Die Ergebnisse der "Sommerakademie ´94". Linzer Planungsinstitut, Linz.

Magistrat Linz (2000) Linzer Kulturentwicklungsplan. Linz.

Taferner, Hubert (1985) Gebietsuntersuchung des Vorortes St. Margarethen bei Linz. Linzer Planungsinstitut Altstadt, Band 4, Linz.

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